Montag, 4. Juli 2011

PLAYLIST VOM 4. JULI

1) When Saints go Machine - Parix
"Vier Jungs aus Kopenhagen finden, dass sie mit Ende zwanzig lange genug im Club waren," schreibt Intro über When Saints go Machine, "um nun Electropop im Zeichen einer neuen Innerlichkeit zu produzieren. So raffiniert und edel instrumentiert (...) ist Introspektion derzeit sonst kaum zu haben." Entgegen aktueller Tendenzen zu betonter Nachlässigkeit in Klang und Rhythmik strebe 'Konkylie' (VÖ: 03.06.) mit fast schon altmodischem Ehrgeiz gen Perfektion. Dieser Eindruck sei vor allem der Tatsache geschuldet, dass die vier Kopenhagener queere Pop-Traditionen mit einer verblüffenden Schlüssigkeit auf die Schule der New Yorker "Minimal Music" anwendeten. Und das klingt so großartig, dass die Band um den Kapuzenmann mit der Kopfstimme (Sänger Nikolay Vonsild trägt oft einen Kapuzenpulli) heute bereits zum zweiten Mal beim Gelben Tango am Start ist. Mehr Informationen zu When Saints go Machine, zum Beispiel woher der Bandname stammt, findet ihr in der Playlist der letzten Sendung.

2) Bon Iver - Towers
3) Bon Iver - Michicant
Mit ihrem selbstbetitelten zweiten Album (VÖ: 17.06.) sind Bon Iver vergangene Woche - ja, man kann schon fast sagen sensationell - auf Platz 2 der US-amerikanischen Billboard-Charts eingestiegen. Zu verdanken ist dies wohl auch dem britischen Popsternchen Adele: Die outete sich jüngst auf ihrer Homepage als riesiger Bon-Iver-Fan, wodurch sich den Folkmusikern um Singer/Songwriter Justin Vernon eine völlig neue Zielgruppe aufgetan haben dürfte.
Wie ein PR-Märchen lese sich die Erfolgsgeschichte des Barden Justin Vernon, schreibt der KulturSPIEGEL in seiner aktuellen Ausgabe. "Gepeinigt von Krankheit, vom Ende seiner Band und vom Finale einer großen Liebe verkriecht sich der junge, sensible und desillusionierte Amerikaner Justin Vernon für einige Wintermonate in einer Jagdhütte in den Tiefen der Wälder von Wisconsin, um seine Wunden zu lecken und sich mit sanfter Musik zu trösten, die er dort schreibt und einspielt. Zurück in der Zivilisation flippen alle, die seine behutsamen Folk-Klagelieder hören, vor Begeisterung aus. Als 'Bon Iver' (was französisch ausgesprochen 'Guter Winter' bedeutet) veröffentlicht er 2008 das Album 'For Emma, Forever Ago', das sich dank euphorischer Kritiken und Mundpropaganda mehr als eine Million Mal verkauft. Seitdem surren seine Lieder durch hippe US-TV-Serien, werden von Peter Gabriel nachgesungen und beeindruckten den HipHop-Großmeister Kanye West so sehr, dass er mit Vernon, 30, ins Studio ging. Um es kurz zu machen: Das zweite Bon-Iver-Album ist tatsächlich so toll wie das erste. Noch mehr Musik für einsame Waldlichtungen und Sonnenaufgänge im Sommer."

4) John Maus - Streetlight
"Barock-Disco oder doch Postpunk-Wahnwitz?", fragt sich Intro in der Rezension des neuen Albums von John Maus. "Alles jedenfalls vollgeeimert mit Pathos und Sozialkritik. Bach trifft Joy Division. Absolut monumental." Der 1980 geborene ehemalige Musikstudent Maus stammt aus dem Umfeld von Animal Collective und Ariel Pink's Haunted Graffiti. Maus gehört damit quasi zu jenen Musikern, die die Synthiewaveretrowelle diskursfähig gemacht haben. Und verschafft eben diesem Genre dringend benötigten Aufwind mit seinem neuen Solowerk ('We must become the pitiless Censors of ourselves', VÖ: 24.06.), das laut UNCUT Magazine 80er-Jahre-Gothic-Synth-Pop-Nostalgie verströmt, gleichzeitig aber zu schräg sei, um nur schlicht retro zu sein.

5) Two Gallants - Long Summer Day
Der Konzerttipp beim Gelben Tango: Two Gallants, das aus San Francisco stammende "Garage-Country-Folk-Punk-Duo", spielen am Dienstag 12. Juli im Cafe Glocksee. 
Wie bereits in der Sendung angekündigt, wird dies kein kostenloser 'Ruby Tuesday' sein. Aber es lohnt sich definitiv, das haben Two Gallants bei ihrem letzten Auftritt in der Glocksee vor dreieinhalb Jahren unter Beweis gestellt. "Das wohl einzige Duo, das lediglich mittels Drums, Gitarre und Voice eine Energie und Ruppigkeit entwickeln kann wie sonst nur die White Stripes", schreibt die Glocksee in ihrer Ankündigung. Der Song 'Long Summer Day' stammt vom 2006 auf 'Saddle Creek Records' erschienenen Zweitwerk "What the toll tells".

6) Handsome Furs - (White City)
Die Handsome Furs bestehen aus Dan Boeckner, bekannt von seiner Hauptband Wolf Parade, und seiner Ehefrau Alexei Perry. Ein Ehepaar, das für den Rock 'n' Roll lebt - diesen Eindruck machen die beiden zumindest auf der Bühne. Davon kann sich in Hannover bald jeder selbst einen Eindruck machen, denn auch die Handsome Furs werden bald im Cafe Glocksee zu Gast sein, und zwar im September (der Gelbe Tango wird rechtzeitig noch einmal auf den Termin hinweisen). Dann werden sie ihr vor ein paar Tagen erschienenes drittes Album 'Sound Kapital' (VÖ: 01.07.) vorstellen. "Eine sehr dreckige und bisweilen trashige Variante des latent-aufgekratzten Indie-Rocks der Montreal-Szene", schreibt motor.de. Der Song (White City) stammt vom wie ich finde bislang besten Album 'Face Control' aus dem Jahr 2009.

7) Wolf Parade - Grounds for Divorce
Eine der liebsten Indie-Rock-Kapellen des Gelben Tango sind Wolf Parade aus dem kanadischen Montreal. Die Band um die beiden Sänger/Frontmänner Dan Boeckner und Spencer Krug veröffentlichte bislang drei Alben. Ebenso wie Boeckner (mit den Handsome Furs) betreibt auch Krug weitere Projekte neben Wolf Parade, zum Beispiel Sunset Rubdown, Frog Eyes oder ganz aktuell Moonface. Der von Krug geschriebene und gesungene Song 'Grounds for Divorce' stammt aus dem hochgelobten 2005er Debütalbum 'Apologies to the Queen Mary'.

8) Destroyer - Song for America
Beim ersten Hördurchgang wirkt 'Kaputt', das neunte Album von Destroyer (VÖ: 10.06.), mitunter etwas kitschig, doch der orchestral arrangierte Pop von Mastermind Daniel Bejar gehört zweifellos zu den besten Alben der ersten Jahreshälfte: Ein klassischer 'Grower', der erst nach mehreren Hördurchgängen sein riesiges Potenzial entfaltet. Und deshalb heute erneut beim Gelben Tango zu hören. Auch Pitchfork ist voll des Lobes und vergibt mit einer 8.8-Wertung das begehrte 'Best New Music'-Prädikat: "Kaputt feels wise. Like a mirror that actually points back at something better. Something you can jam and let wash over you, but also something you can use. It feels funny, tragic, artful, and ultimately true."

9) Brian Eno - Needles in the Camel's Eye
Anlässlich seines neuen tollen Albums 'Drums Between the Bells' (VÖ: 01.07.), das zusammen mit dem britischen Dichter Rick Holland entstand, gab es kürzlich auf byte.fm eine Brian-Eno-Sondersendung: "Brian Eno ist einer der größten Produzenten unserer Zeit und einer der ersten, die das Aufnahmestudio als Musikinstrument eingesetzt haben. Ambient-Musik ist seine Erfindung. Brian Eno war zunächst Teil von Roxy Music, hat mit Nico gearbeitet, mit John Cale, er hat U2 produziert und die Talking Heads und in jüngerer Zeit für Anna Calvi Klavier gespielt und der jungen englischen Musikerin durch seine Begeisterung (sie sei die größte Sensation seit Patti Smith) einen ordentlichen Publicity-Schub gegeben. (...) Die Liste der Künstler, die mit Eno gearbeitet haben, ist endlos. Die Liste derer, die sich auf ihn beziehen, noch viel länger." Die letzten Alben von Coldplay hat Eno übrigens auch produziert, ließe sich vielleicht noch ergänzen. Oder die Zusammenarbeit mit den deutschen Krautrockern Cluster.
Der Song 'Needles in the Camel's Eye' stammt von seinem 1974 erschienen Solodebüt 'Here come the warm Jets', das sich musikalisch noch stark an den Glam-/Kunstrock seiner Ex-Band Roxy Music orientierte, bevor Eno auf den folgenden Alben die elektronische Musik mehr und mehr für sich entdeckte. Ein paar weitere Infos zu Eno findet ihr in der Playlist vom 18. Februar

10) WU LYF - We Bros
11) WU LYF - Heavy Pop
Das Album des Monats Juli beim Gelben Tango: Go Tell Fire to the Mountain von WU LYF!!!!
WU LYF, das steht für 'World Unite! Lucifer Youth Foundation'. WU LYF machen hymnenhaften Indierock irgendwo zwischen Wolf Parade und Explosions in the Sky - zwar irgendwie eingängig, aber trotzdem mit enormen 'Growerqualitäten'. Schon vor knapp einem Jahr war im Blog der taz über WU LYF zu lesen: Believe the Hype.
"Das Zeitalter des Internets, das Ende der Rocknroll-Mythen. Das weltweite Netz, ein Totengräber der heimlich getuschelten Information, ein Legendenzerstörer. Und wenn man denkt, keine Band könnte mehr dem ewigen, endlos überhitzten MySpace-Hypemachine-Pitchfork-Build'emup-Knock'emdown-Kreislauf entkommen, sehen wir ein Foto einer handvoll vermummter Jünglinge, die sich WU LYF nennen, keine Nachnamen besitzen und mehr oder minder unaufspürbar scheinen. Deren MySpace mehr ein Musterbeispiel für Situationismus 2.0 darstellt als eine Musikhörundfankommunizier-Plattform ist. Die keinen Plattenvertrag unterzeichnen und keine Alben veröffentlichen. Die uns misstrauisch machen würden ob der perfekten Inszenierung ihrer selbst als Untergrundmythos. Die aber gleichzeitig die sensationellste Musik des neuen Jahres schreiben – eine so kaum zuvor gehörte Mixtur aus Pop und Underground, aus Hip-Hop-Vorlieben und Einmanngospelinszenierung. Die, kurz, Heavy Pop spielen." Auch ein Schreiberling vom einflussreichen New Musical Express (NME) war damals voll des Lobes: "I think WU LYF are the best band I’ve seen in 8 years, since… The Libertines. But they're not really very commercial - they're like a Godspeed You Black Emperor, or a Jesus & The Mary Chain… at the moment I can’t see them being a massive seller or an Arcade Fire type band. Well, maybe they will, but I’m not sure it’s what they want. In any case, their story is fascinating and I like the fact they’re not doing things the normal way."
Mittlerweile ist nun das lang erwartete Debütalbum von WU LYF erschienen - selbstverständlich ganz unabhängig auf dem eigenen Label 'LYF Recordings'. Mehr von dem Album des Monats Juli gibt's in der nächsten Sendung am 18. Juli.

12) The Antlers - Putting the dog to sleep
Nirgendwoher kommen soviele hippe Bands wie aus Brooklyn. The Antlers kommen zwar auch aus dem New Yorker Szenestadtteil, sind aber eher die Gegenthese zu der allgegenwärtigen Brooklynschen Hipness. Das vor zwei Jahren erschienene Album 'Hospice' war ein tieftrauriges Konzeptwerk übers Sterben. Und wenn man den Song 'Putting the dog to sleep' hört, könnte man denken, das Sterben sei auch auf dem neuen Album wieder ein zentrales Thema. Das Trio um den falsettsingenden Peter Silberman schlägt aber auch etwas ungewohnte optimistischere Klänge an und liefert mit 'Burst Apart' (VÖ: 24.06.) ein starkes Album, das es durchaus mit den hochgelobten letzten Werken von Bon Iver oder Beach House aufnehmen kann. "The Antlers gehören zu den derzeit besten Bands", bringt es Intro auf den Punkt.

13) The Doors - LA Woman
Gestern vor vierzig Jahren, am 3. Juli 1971, verstarb der legendäre Doors-Sänger Jim Morrison in der Badewanne seines Pariser Apartments. Im Alter von 27 Jahren, womit er sich in den etwas makaber so genannten "Klub 27" um Jimi Hendrix und Janis Joplin (später auch Kurt Cobain) einreihte. In der aktuellen Ausgabe des Musikexpress wird Morrison als "erster echter Rockstar" tituliert: "Er war Punk, bevor es Punk gab." Morrison war das Sexsymbol seiner Zeit und zugleich Ikone und Sprachrohr der damaligen Gegenkultur, "mit einem Bariton wie ein Bärenfell, rau, aber warm. Frauen wollten ihn, und Männer wollten sein wie er. Die dicken schwarzen, langen Haare, die weiße Haut, die blaugrauen Augen, die hohlen Wangen, die spöttischen Lippen. Diese sinnlichen, sarkastischen Texte, die sich so lasen und anhörten, wie James Dean aussah."
Im Frühjahr 1971 erfüllten The Doors mit der Veröffentlichtung ihres sechsten Studioalbums 'LA Woman' ihren Plattenvertrag mit 'Elektra Records', Morrison nahm sich daraufhin die folgenschwere Auszeit in Paris. Der Titeltrack von LA Woman beherbergt übrigens die unvergessene Zeile "Mr. Mojo risin'" - ein Anagramm seines eigenen Namens.



14) No Joy - Heedless
Das Album des Monats Juni beim Gelben Tango ist durch den Sendezeitwechsel sowie den Hype um WU LYF und Bon Iver ein wenig untergegangen. Schade eigentlich, denn 'Ghost Blonde' von dem kanadischen Duo No Joy ist ein ganz tolles Album vor allem für Indie-Nostalgiker. Als kleines Trostpflaster wird in der nächsten Sendung am 18. Juli ein weiteres Album von dem aufstrebenden Indie-Label 'Mexican Summer' vorgestellt , bei dem neben No Joy auch schon The Tallest Man on Earth, Kurt Vile, Best Coast oder auch Ariel Pink's Haunted Graffiti veröffentlicht haben.

Nächste Sendung am Montag 18. Juli um 23 Uhr.

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