Montag, 17. Oktober 2011

PLAYLIST VOM 17. OKTOBER

1) Neon Indian - Halogen (I could be a shadow)
Seit seinem fantastischen 2009er Debütalbum PSYCHIC CHASMS zählt der in Mexiko geborene Alan Palomo alias Neon Indian zu den angesagtesten Chillwave-Produzenten. Am 7. Oktober folgte sein Zweitwerk ERA EXTRAÑA. "Era Extraña spielt an einem anderen, dunkleren Ort, Palomo produziert eine elektronische, von fetten Bässen flankierte, von Synthesizer- und C64-Sounds dramatisierte 'Stimmungsmusik', die das Kunststück fertig bringt, im selben Moment glamourös und brüchig zu klingen", schreibt der Musikexpress. Als spiele eine Band des Jahres 2018 ein paar Hits des Jahres 1988. "Und niemand hat es bemerkt."

2) Dan Mangan - How darwinian
3) Dan Mangan - Leaves, Trees, Forest
Da hatte das Cafe Glocksee mal wieder einen richtig guten Riecher, als es vor ziemlich genau zwei Jahren Dan Mangan zum Ruby Tuesday holte. Nur mit Gitarre und seinem rauen Timbre begeisterte der Kanadier damals das Publikum - seine Band hatte er aus Kostengründen im heimischen Vancouver lassen müssen. Mittlerweile macht sich der 28-Jährige mehr und mehr einen Namen. Sein neues Album OH FORTUNE (VÖ: 30.09.) ist eine der besten Folkplatten des Jahres. "In the crowded male singer-songwriter genre, he brings something different. a quirky, witty, observational style coupled with a slow-burning, emotional intensity", schwärmt auch The Guardian.

4) Feist - A Commotion
Nagelprobe bestanden: Nach ihrem ebenso plötzlichen wie doch auch überraschenden Aufstieg zum internationalen Popstar - Ohrwürmern wie '1234' sei Dank -, wusste wohl selbst Feist nicht so genau, wohin die Reise führen wird. Für METALS (VÖ: 30.09.) ließ sich die 35-jährige Kanadierin deshalb viel Zeit, vier Jahre um genau zu sein, was der Platte im positiven Sinne anzuhören ist. Eine würdige, erwachsene Ruhe verströme METALS, vermerkt auch Intro: "Die Stücke changieren zwischen vollkommen reduziert und sacht orchestriert, und es sind mit 'Graveyard' und 'The Circle Married The Line' wieder mindestens zwei ohne Umschweife als solche zu erkennende Hits dabei. Trotzdem verwundert an METALS vor allem seine zauberhafte Intimität. Es ist ein großes, würdiges Songwriter-Album, das den kritischen Augen der Öffentlichkeit ohne Frage standhalten wird. Die sinnlich-seriöse Güte dieser Musik wird Feist auch noch größer werdende Bühnen meistern lassen."

5) Broken Social Scene - Our faces split the coast in half
Leslie Feist war früher festes Mitglied bei Broken Social Scene - sofern man bei dem Torontoer Indie-Kollektiv überhaupt von "festen Mitgliedern" sprechen kann. 1999 gegründet von Kevin Drew und Brendan Canning, ist die BSS-Besetzung ständig am Wechseln, mit einem halben Dutzend bis an die zwanzig Mitwirkende. Viele Mitglieder spielen parallel in anderen (mehr oder weniger) bekannten Bands wie Do Make Say Think, Apostle of Hustle, Stars, Metric, The Weakerthans oder Land of Talk beziehungsweise haben wie Feist oder Jason Collett "nebenbei" solo Karriere gemacht.

6) Slow Club - Two Cousins
Der Slow Club aus der Arctic-Monkey-Heimat Sheffield besteht aus Charles Watson und Rebecca Taylor. Auf ihrem neuen Album PARADISE, erschienen am 16. September bei dem Londoner Label Moshi Moshi, hat sich das Duo vom zuckersüßen Twee-Pop verabschiedet - eine Schublade, die der Slow Club ohnehin hasste. Schon gleich der großartige Opener (und Vorabsingle) 'Two Cousins' macht den Richtungswechsel deutlich: "Wie eine Liebeshochzeit zwischen Flaming-Lips-Pop und Polyphonic-Spree-Pomp", resümiert motor.de. Der Rest der Platte rausche dann (im positivsten Sinne der Bezeichnung "rauschen") an einem vorbei. "Die Indie-Pop Meditation über das Leben und den Tod lädt ein zu einer Reise ins persönliche Alles und Nichts. (...) [Man] wird während des Hörens das Gefühl nicht los, dass eine Kirchengruppe mit einer starken Folk-Vorliebe die totale Entschleunigung geübt hat. Manche stimmlichen Hickser erinnern an Kate Bush auf starken Tranquilizern; manche Backgroundchöre an die entspannte Zwillingsband von den Futureheads, 'Horses Jumping' erinnert an ein (sicher niemals stattgefundenes) Zusammentreffen von Paul Heaton und einem betrunken-melancholischen Leonard Cohen."  

7) Luke Roberts - Just do it Blues
Am 11. November wird auf Thrill Jockey Records BIG BELLS AND DIME SONGS erscheinen, das Debütalbum des New Yorker Songwriters Luke Roberts. Ursprünglich stammt Roberts aus der Country-Hochburg Nashville, und das hört man seiner Musik auch an. Eine Mischung aus Südstaatenfolk und "Sadcore", eine unter anderem von den Red House Painters geprägte Musikrichtung mit reduzierten, oftmals düster-melancholischen und um sich selbst kreisenden Melodien. Aber hört am Besten selbst:

8) Future Islands - Where I found you
Das Album des Monats Oktober beim Gelben Tango: ON THE WATER von den Future Islands, seit letztem Freitag im Handel erhältlich.
Die mittlerweile in Baltimore ansässige Band lernte sich während des Kunststudiums an der East Carolina University kennen. Aus ersten Gehversuchen mit einer anderen Band gingen 2006 die Future Islands hervor. Nach der Veröffentlichung ihres Debütalbums wurde das renommierte Chicagoer Indie-Label Thrill Jockey (zu deren bekanntesten Bands Tortoise, The Sea and Cake oder auch das Düsseldorfer Elektronik-Duo Mouse on Mars zählen) auf Future Islands aufmerksam. Das letztes Jahr erschienene zweite Album IN EVENING AIR, welches das Trio in einem Wohnzimmer aufgenommen hatte, wurde dadurch einem größeren Publikum zugänglich und wusste durchweg zu begeistern. "Drawing from a few different traditions while making them their own, Future Islands prove here to be a well-versed group of wild, woolly storytellers", schrieb zum Beispiel Pitchfork damals.

9) Zola Jesus - Hikkikomori
Genauso silbergrau, blechern, spiralförmig und trostlos wie ihr hochgelobtes Debütalbum klinge CONATUS, das am 30. September veröffentlichte zweite Album der 22-jährigen Nika Roza Danilova alias Zola Jesus, schreibt Spiegel Online. Und resümiert trotzdem: "Feel good record of the year!" Mit ihrer düsteren, elektonisch verspielten Musik werfe Zola Jesus Schatten, die so dunkel seien wie das russische Herz, das Danilova, deren Großeltern aus Russland nach Wisconsin emigriert waren, immer nachgesagt werde, so Intro. Zweifellos eine der faszinierendsten Platten des Jahres!!
Zola Jesus hat übrigens auch beim neuen M83-Album mitgewirkt, das heute von Pitchfork eine überragende 9.1-Wertung bekommen hat und ihr beim nächsten Gelben Tango am 7. November vorgestellt bekommt.

10) Siouxsie and the Banshees - Spellbound
Inmitten der aufblühenden Londoner Punkszene gründeten 1976 Sängerin Siouxsie Sioux und Bassist Steven Severin, die sich bei einem Konzert von Roxy Music kennengelernt hatten, Siouxsie and the Banshees (banshee = Todesfee). Schon bald mauserten die sich zu den "waghalsigsten und kompromisslosesten Abenteurern der Postpunk-Ära", wie einst The Times schrieb. Im November 1978 veröffentlichte die Band ihr Debütalbum THE SCREAM. "The band sounds like some unique hybrid of the Velvet Underground mated with much of the ingenuity of Tago Mago-era Can, if any parallel can be drawn", schwärmte der einflussreiche NME vom speziellen Sound der Band, angesiedelt irgendwo zwischen New Wave und Gothic Rock, Pop und Avantgarde. 1996 löste sich die Band auf, die zeitweise sogar The-Cure-Frontmann Robert Smith als Mitglied gezählt hatte. In den nuller Jahren machte Siouxsie Sioux auf Solopfaden weiter.
Der Song 'Spellbound' stammt vom 1981er Album JUJU, das vierte Werk der Band und gleichzeitig eines ihrer kommerziell erfolgreichsten. Der Guardian bezeichnete 'Spellbound' einst als Popwunder ("pop marvel") und Johnny Marry von The Smiths adelte das Gitarrenspiel von John McGeoch: "It's so clever. He's got this really good picky thing going on which is very un-rock'n'roll and this actual tune he's playing is really quite mysterious."

11) Björk - Thunderbolt
An Björks neuem Album BIOPHILIA (VÖ: 07.10.) scheiden sich die Geister. Denn BIOPHILIA ist nicht bloß ein Album, sondern ein hochambitioniertes Multimediaprojekt, mit dem Björk - mal wieder - komplett neue Wege beschreitet: iPhone-Apps zu jedem Song, ein Film, Workshops, 3D-Animationen, Installationen und aufwendig inszenierte Liveshows gehören zum Biophilia-Gesamtkunstwerk. Einige unterstellen der Isländerin dabei Größenwahn, zu krampfhaft sei ihr Versuch Avantgarde sein zu wollen. Selbst ihre Tina-Turnerhafte künstliche Haarpracht wird zum Teil nicht ausgelassen, um sich über die mittlerweile 45-Jährige auszulassen. Die Musik sei bei dieser völligen Selbstinszenierung fast zwangsläufig zu kurz gekommen, ist oft als Resümee zu lesen. Der Gelbe Tango muss gestehen, einzig und allein das Album gehört zu haben und findet: Wer Björk mag, wird auch BIOPHILIA mögen.

12) Modeselektor & PVT - Green Light Go
Das Berliner Elektronik-Duo Modeselektor ziert das Cover des aktuellen Intro Magazins. "Tanz - Europa - Exzess" steht dort, in Anspielung auf das legendäre 1977er Kraftwerk-Album TRANS-EUROPA-EXPRESS. Dieser Kraftwerk-Vergleich stammt von keinem Geringeren als Radiohead-Frontmann Thom Yorke, ein großer Fan und zugleich Freund von Modeselektor. "Ich liebe Modeselektor, weil sie so tief in dieser Sache drin sind, aber immer wieder darüber hinaus gehen", erklärt Yorke seinen Vergleich. "So wie Kraftwerk zu Krautrockzeiten. Eine neue Modeselektor-Platte ist ein großes Ereignis für mich!" Nicht nur für Yorke: Im dritten Modeselektor-Album MONKEYTOWN (VÖ: 30.09.) ist wirklich alles drin. Von Dubstep über Elektrorock bis hin zu Radiohead-Musik - ja genau, denn auf zwei Songs wirkt Yorke selbst mit, und das klingt dann tatsächlich so wie Radiohead. Unter den vielen weiteren Gastmusikern sind zum Beispiel Miss Platnum, Sascha Ring alias Apparat oder auch das australische Math-Rock-Trio PVT, das bei 'Green Light Go' mitgewirkt hat.
Apropos Radiohead: Das am 7. Oktober erschienene Remix-Doppelalbum von The King of Limbs ist auch sehr empfehlenswert und enthält eine Modeselektor-Überarbeitung des Songs 'Good Evening Mrs Magpie' sowie Remixe u.a. von Four Tet, Caribou, SBTRKT und Jamie XX. Eine überraschend homogene und doch eigenständige Zusammenstellung von Bassmusik und (Post-)Dubstep.

13) Mogwai - How to be a Werewolf
Der Konzerttipp beim Gelben Tango: Die schottischen Postrock-Ikonen Mogwai spielen am Halloween-Montag, 31. Oktober im Capitol. Von der Webseite des Capitol: "Mogwai sind wieder unterwegs, um ihr siebtes Studioalbum HARDCORE WILL NEVER DIE, BUT YOU WILL zu präsentieren, das im Februar erschienen ist. Die Konzerte der Band gelten ob ihrer Intensität längst als legendär. Das stetige Mäandern zwischen atmosphärischen Flächen und krachigen Ausbrüchen beherrscht gerade live kaum eine Band so packend wie Mogwai."

Nächste Sendung am 7. November um 23 Uhr.

Donnerstag, 13. Oktober 2011

Der Herbst, der Herbst, der Herbst ist da...

...er bringt uns Spaß, hei hussassa! Und gute Musik: Montag 23 bis 24 Uhr beim Gelben Tango auf Radio LeineHertz 106einhalb. Herbststimmung lässt auch der wundervolle kanadische Songwriter Dan Mangan auf seinem meisterhaften neuen Album 'Oh Fortune' aufkommen: "There are leaves in the trees, there are trees in the forest." Ihr erfahrt, wie es klingt, wenn Antony & the Johnsons vor einem Piratenpublikum auftreten würden. Euch erwarten neonfarbene Chillwave-Indianer und nach Indianern benannte Postpunk-Todesfeen. Ein Club der Langsamkeit, der über zwei verlorene Cousins singt - und ein Berliner Elektronik-Duo, das Radiohead-Frontmann Thom Yorke für die neuen Kraftwerk hält. Ein kleiner Exkurs nach Kanada in die dortige Broken Social Scene und zum Album des Monats verschlägt es uns auf futuristische Inseln. Aber vor allem ganz viel Frauenpower: Feist, Björk und Zola Jesus haben neue Platten herausgebracht - eine besser als die andere!! Und gebt Acht vor den Werwölfen: Ein Konzerttipp für Halloween.

Montag, 3. Oktober 2011

PLAYLIST VOM 3. OKTOBER

1) The Rapture - Sail away
The Rapture sind zurück. 1998 gegründet, galt die Dance-Punk-Formation zu Beginn der nuller Jahre einst als "next big thing". Nach fünf Jahren Stille erschien im September ihr neues Album 'In the Grace of our Love' bei dem renommierten Dance-Label DFA Records. "Die Intention, Post-Punk mit einem Dancefloor-Groove zu verheiraten, wurde von der Band aus New York noch nie so konsequent umgesetzt wie auf diesem Album", schrieb der Musikexpress, der 'In the Grace of our Love' zum Album des Monats kürte.

2) Weekend - Hazel
Auch auf diese Band bin ich durch einen Hörer aufmerksam geworden. Mag auch daran liegen, dass deren Debütalbum hierzulande nicht regulär erschienen ist, sondern nur als Import zu haben ist. Weekend aus San Francisco machen Garagen-Lo-Fi-Noise, vergleichbar mit den großartigen Japandroids oder auch Yuck. Auf ihrer letzten Monat erschienenen Red EP (von der der Song Hazel stammt) haben sich Weekend musikalisch noch weiterentwickelt und präsentieren sich "more agile and nuanced than some previously thought, able to make noise one part of its attack instead of the primary focus", so Pitchfork

3) Patti Smith - Free Money
Patti Smith, Jahrgang 1946, gehört zu den interessantesten Persönlichkeiten der Musikgeschichte. Die Rockpoetin gehörte im New York der 70er Jahre neben den Ramones und Television zu den Vorreitern der Punkbewegung. Ihr Debütalbum 'Horses' aus dem Jahr 1975 gilt noch immer als Meilenstein und verschaffte ihr den Ruf als 'Godmother of Punk'. Sehr erfolgreich war Smith auch als Künstlerin, Poetin und zuletzt auch Buchautorin. Für ihre Memoiren 'Just Kids' wurde Smith 2010 mit dem nationalen Buchpreis ausgezeichnet. Seit 2007 ist Smith in der Rock and Roll Hall of Fame. Letzten Monat wurde erstmals eine labelübergreifendes Best-of-Album von Smith veröffentlicht: 'Outside Society'.

4) Philip Boa & the Voodooclub - Pretty Bay
Der Konzerttipp beim Gelben Tango: Philipp Boa präsentiert zusammen mit seinem Voodooclub am Samstag 15. Oktober in der 60er-Jahre Halle der Faust seine legendären Alben Helios und Boaphenia. Von der Faust-Webseite:
"Phillip Boa and the Voodooclub. Diesen Namen könnte man jetzt satte fünf Minuten stehen und wirken lassen. Denn was hat der musikalische Tausendsassa und 'Godfather Of German Indie' mit seinem Voodooclub in 26 Jahren Bandgeschichte nicht alles gemacht? Unvergessliche Alben mit ebenso unvergesslichen Hits pflastern den Weg der Band und ihres charismatischen Frontmannes, unendliche Höhen und Tiefen haben sie durchlebt. Doch Boa hat sich - von der Presse oft schon für toter als tot erklärt - stets kometenhaft freigekämpft und ein ums andere Mal neu erfunden. 
Phillip Boa steht für eine Haltung, die, stets geprägt von einem aristokratischen Mittelfinger, für einen wahren Überzeugungstäter und musikalischen Indie-Visionär spricht. Und für einen absoluten Trend-Verweigerer, entzieht er sich doch seit Ende der 90er-Jahre stoisch den Massenmedien und ihren Formaten.  (...)
Und obwohl es bei Boa mit und ohne Voodooclub im jährlichen bis zweijährlichen Veröffentlichungs-Rhythmus weiterging, wurde es schließlich still um ihn. Waren er und seine Band doch eher der avantgardistische Indie-Gegenentwurf der mittleren Achtziger bis beginnenden Neunziger. Folgerichtig also, dass die beiden Alben 'Helios' und 'Boaphenia' nun remastered und neu herausgebracht wurden - als musikalisch visionärer Gemarkungsstein einer echten Zeitenwende, vom unterkühlten Hedonismus der Achtzigerer hin zum Grunge der Neunziger. Klingt gut. Boa wäre es vermutlich egal."
Der Song 'Pretty Bay' stammt vom 1991 erschienenen 'Helios'.

5) Peter Wolf Crier - Cut a Hand
Das Freak-Folk-Duo Peter Wolf Crier präsentiert sich auf seinem zweiten Studioalbum 'Garden of Arms' (VÖ: 09.09.) viel experimentierfreudiger als bisher. "Insbesondere Brian Moens Perkussion zaubert so einige neue Facetten in den Bandsound, die Peter Pisano freudig mit schrummeligen Gitarrenlinien konterkariert", schreibt Plattentests. "Die beiden probieren noch so sehr an ihren eigenen Idee von Folk herum, dass ihr Zweitling ein interessantes, wenn auch nicht immer schlüssiges Experimentierfeld geworden ist. Was gar nicht schlimm ist."

6) Lanterns on the Lake - Tricks
Als 'Cinematic Indie' bezeichnen Lanterns on the Lake ihre Musik selbst - und das trifft es sehr gut. Mit Hilfe eines Sammelsuriums an Instrumenten - darunter Gitarren, Geige, Mandoline, Klavier, Synthesizer, Glockenspiel und Kalimba - zeichnet das Sextett aus Nordostengland wunderbare Klangbilder. Eine Mischung aus Sigur Rós, Mazzy Star und Seabear. Der wundervolle Auftritt in der St. Pauli Kirche war eines der Highlights beim diesjährigen Reeperbahn Festival.

7) Future Islands - Give us the Wind
8) Future Islands - Close to none
Das Album des Monats Oktober, ganz exklusiv beim Gelben Tango: On the Water von Future Islands, das am 14. Oktober erscheinen wird.
Nach ihrem furios-euphorischen Thrill-Jockey-Debüt 'In Evening Air' klingt die Band aus Baltimore auf ihrem neuesten Werk weitaus melancholischer - und doch wieder sehr hymnenhaft und erhaben. In dem Song ' The Great Fire' stimmt der charismatische Frontmann Samuel Herring an zu einem Duett mit Jenn Wasner von Wye Oak. Der Promotext verspricht jedenfalls nicht zuviel: "On the Water is a record that aims to both break your heart and heal your wounds."

9) Apparat - The soft Voices die
"Goodbye Apparat-Rave - Hello Apparat-Band!" schrieb Sascha Ring im April auf der Facebook-Seite seines Projekts Apparat. Über seine Entwicklung "weg aus der Technoecke" spricht Ring dieser Tage sehr oft. "Ich finde es einfach wahnsinnig uninteressant, einfach noch mal die gleiche Platte zu machen", erklärte Ring just im Deutschlandfunk. "Wer braucht denn das? Und warum gibt es Leute da draußen, die genau das von dir wollen? Dafür bin ich nicht Musiker geworden. Da kann ich gleich in ein Büro gehen und den gleichen Job over and over again machen."
Neuestes Ergebnis dieser steten Weiterentwicklung ist 'The Devil's Walk' (VÖ: 23.09.), das sich auf eine gesellschaftskritische Schrift des britischen Romantikers Percy Bysshe Shelley, Gatte der Frankenstein-Erfinderin Mary Shelley, bezieht. "Der von der Popkritik gerne überstrapazierte Begriff Wall of Sound macht in Bezug auf dieses Album tatsächlich Sinn, die vielen Flächen und Klänge sind jedoch so kunstvoll übereinander geschichtet, dass Atmosphäre und kein Brei entsteht", schreibt Intro. "Ambientpop könnte man fast dazu sagen."

10) Baby Dee - Safe inside the Day (live)
Ein wahrer Spießroutenlauf muss für Baby Dee, 1953 als Junge geboren, die Kindheit im tristen Cleveland gewesen sein. Im jungen Erwachsenenalter machte sie ihre Transsexualität öffentlich und trat im Vergnügungspark von Coney Islands als musizierendes Zwitterwesen auf. In den 90ern lernte sie den ebenfalls transidentischen Antony Hegarty kennen und spielte 1998 auf dessen Debütalbum Harfe. 2001 folgte ihr Solodebüt, nach ihrem zweiten Album kehrte sie in ihre Heimatstadt Cleveland zurück. Als ein Arbeitsunfall sie finanziell an den Ruin brachte und arbeitslos werden ließ, ermutigte kein Geringerer als Will Oldham alias Bonnie "Prince" Billy sie dazu, ihre musikalische Karriere fortzusetzen. 'Safe Inside the Day' erschien 2008 bei dem renommierten Indie-Label Drag City, bei dem neben Oldham unter anderem auch Bill Callahan, Joanna Newsom oder die Silver Jews veröffentlicht haben. Am 30. September ist das Live-Doppelalbum 'Baby Dee goes to Amsterdam Dam Dam' erschienen.

11) Wilco - One Sunday Morning  (Song for Jane Smiley's Boyfriend)
Die Chicagoer Indie-Rock-Helden Wilco haben ihr neues Album 'The Whole Love' (VÖ 23.09.) auf ihrem neugegründeten eigenen Label dBpm Records veröffentlicht. Und diese neuen Rahmenbedingungen scheinen die Band um Frontmann Jeff Tweedy zu beflügeln. Gleich der Eröffnungstrack 'Art of Almost': Unterlegt von einem stoischen Krautrockrhythmus, endet er mit einem minutenlangem mäandernden Gitarrengeschrammel. Einer der besten Songs des Jahres!! Das gleiche gilt für den epischen 12-Minuten-Abschlusstrack 'One Sunday Morning'. Und dazwischen liegt ein unglaublich facettenreiches Album. Im Interview mit dem Musikexpress verrät Tweedy, dass er seine Strategie der stilistischen Verschiebungen und Bruchstellen für ein Gebot der Ehrlichkeit halte: "Die Kritiker lesen da immer so etwas abgehoben Künstlerisches rein. Dabei ist das doch ein ganz und gar menschlicher Wesenszug: Ich jedenfalls kenne nicht sehr viele Menschen, die nur eine Sache oder nur einen Stil mögen. In der Rockmusik herrschte lange die Idee vor. dass du dein Territorium markieren musst. Wenn du also eine Band magst, solltest du nicht auch die entgegengesetzte Musik mögen. Diese Denkweise hat mir nie gefallen. Warum soll ich nicht Neil Young mögen, auch wenn ich die Sex Pistols höre? Das kam mir schon als Kind idiotisch vor."
Danke Jeff, das sollte man sich einrahmen!!

Nächste Sendung am 17. Oktober um 23 Uhr.