Montag, 18. Juli 2011

PLAYLIST VOM 18. JULI

1) Part Time - She's got the right
80er Jahre Filmmusik, Neonlichter und Nebelmaschinen - diese Assoziationen stehen im Pressetext über das Synthpop-Projekt Part Time. Hinter Part Time steckt David Speck aus San Francisco, der stimmlich an Ric Ocasek von der alten New-Wave-Band The Cars erinnert. Das Debütalbum von Part Time mit dem Titel 'What yould you say?' ist am 8. Juli auf dem Label 'Mexican Summer' erschienen.

2) Washed Out - Echoes
Bei 'Mexican Summer' war auch Ernest Greene alias Washed Out einst unter Vertrag. Mittlerweile ist dieser bei Sub Pop untergekommen, eines der weltweit namhaftesten Indie-Labels (mehr Infos zu Sub Pop s.u. bei Shabazz Palaces). Der 28-jährige Soundtüftler aus Atlanta gilt als Wegbereiter des Chillwave - ein Genre, das immer ein wenig belächelt worden ist, wohl auch aufgrund eines sehr verbreiteten Epigonentums, und seinen Zenit deshalb wohl bereits überschritten hat. Denn wer will schon Abklatsch hören?! Nur wenige Chillwave-Künstler wie Panda Bear, Toro Y Moi oder Neon Indian sind wirklich innovativ und geben Anlass zur Hoffnung. Und zu dieser fast elitären Riege zählt eben auch Washed Out, dessen sehnsüchtig erwartetes Debütalbum 'Within and Without' am 8. Juli erschienen ist und laut Pitchfork zu den wenigen Chillwave-Veröffentlichungen gehört, denen auf Albumlänge das Kunststück gelinge, "indie pop catchiness and fragile, narcotic groove" miteinander zu verbinden.

3) Arcade Fire & David Byrne - Speaking in tongues
Pünktlich zum Auftritt als Headliner beim Hurricane veröffentlichten Arcade Fire ihr mit einem Grammy ausgezeichneten 2010er Meisterwerk 'The Suburbs' noch einmal neu als Sonderedition mit dem von Spike Jonze gedrehten Kurzfilm 'Scenes from the Suburbs' sowie zwei brandneuen Songs. Man mag von solchen (Wieder)Vermarktungsaktionen halten was man will: Der Song 'Speaking in Tongues', für den Talking-Heads-Mastermind David Byrne an Bord geholt wurde, ist einfach mal wieder großartig. 'Speaking in Tongues' ist übrigens der Titel des fünften Talking-Heads-Albums aus dem Jahr 1983.

4) Talking Heads - Psycho Killer
Arcade Fire sind zur Zeit auf einem guten Weg, irgendwann in der Rock & Roll Hall of Fame verewigt zu werden. Die Talking Heads haben dieses Kunststück bereits vollbracht. Das 1974 in New York gegründete Quartett um David Byrne gilt als eine der abenteuerlichsten Bands der Rockgeschichte. Aus verschiedensten Elementen sei ein neuer Sound kreiert worden, der "sowohl visionär als auch leidenschaftlich" gewesen sei. Damit haben die Talking Heads immens viele Bands, vor allem aus dem »Indie»Bereich, maßgeblich beeinflusst. Radiohead zum Beispiel, kürzlich vom Musikexpress zur "wichtigsten Band der Welt" auserkoren, benannten sich einst nach dem 1986er Talking-Heads-Songs "Radio Head". Ihr letztes Album veröffentlichten die Talking Heads 1988, die offizielle Auflösung der Band folgte drei Jahre später. Tausendsassa Byrne ist dennoch nach wie vor stets präsent, als Solokünstler und Produzent oder durch verschiedene Kollaborationen wie zum Beispiel mit Fatboy Slim. Mit seinem alten Kollegen Brian Eno, mit dem er 1981 das von Musikerkritikern geliebte Album 'My Life in the Bush of Ghosts' aufgenommen hatte, ging Byrne 2008/2009 auf Welttourne. Vor einigen Jahren hatte Byrne zudem einen denkwürdigen Gastauftritt bei den Simpsons und schrieb in der Folge den Song 'Everybody hates Ned Flanders'.
© Matt Groening / Twentieth Century Fox Film Corporation
5) Television - Venus
Noch vor den Talking Heads gründeten sich Television (bis 1973 nannten die sich noch The Neon Boys), ebenfalls in New York, in dessen Undergroundszene sich damals The Ramones, Patti Smith oder auch Blondie tummelten. Während die Ramones recht schlichte Songs spielten, machten Television durch komplexere Musik ('Art-Punk') auf sich aufmerksam. Das 1977 veröffentlichte Debütalbum 'Marquee Moon' listet Pitchfork als drittbestes Werk der 70er Jahre - gleich hinter David Bowies 'Low' und 'London Calling' von The Clash. "One of the all-time classic guitar albums", meint der Rolling Stone. 'Marquee Moon' zählt zu den wichtigsten Punk-Veröffentlichungen aller Zeiten, bekannte Bands wie Joy Division/New Order oder auch die Synthiepopper Depeche Mode sind von Television maßgeblich beeinflusst worden.

6) Future Islands - Before the Bridge
Ihre Musik bezeichnet die Band aus Baltimore als Post-Wave - eine sehr treffende Wortschöpfung (aus Post-Punk und New Wave) für den speziellen Sound der Future Islands. In der Rezension des 2010 auf 'Thrill Jockey' erschienenen Albums 'In Evening Air' umschrieb Plattentests die Musik mit sehnsüchtigen Synthmotiven, wohliger Melancholie und dem heiser-kratzigen Organ von Samuel T. Herring, das "die dunkle Intensität von Ian Curtis mit David Bowies Theatralik und dem sterilen Sexappeal von, ähem, Billy Idol" verbinde. Kurz: Ein Meisterwerk. Und der neue Song 'Before the Bridge', den es als kostenlosen Download im Internet gibt und morgen auf der gleichnamigen limitierten Vinyl-Single erscheint, lässt für die Future auf mehr hoffen ;)

7) Get Well Soon - My Door
Vom 19. bis zum 21. August findet auf dem Faust-Gelände das Bootboohook-Festival statt. Der Gelbe Tango stellt in dieser und den nächsten beiden Sendungen seine Highlights vor. Und dazu zählt auch Get Well Soon, das Bandprojekt des oberschwäbischen Multiinstrumentalisten Konstantin Gropper, der an der Mannheimer Popakademie studiert hat. "Seine Musik atmet in einem Zug Mahler, Morricone, Badalamenti, Alpenfolklore, Bowie und Radiohead ein," steht auf der Bootboohook-Webseite, "verwebt sie in kammersymphonische Kompositionen, getragen von Achtelgitarrenwänden und baut ein Dach aus der Philosophie des Abendlandes darüber." Gropper hat für viele verschiedene Filme die Musik komponiert, zum Beispiel für 'Same same but different' oder 'Palermo Shooting'. Der gespielte Song 'My Door' stammt vom Soundtrack des Films 'Der Entsorgte Vater' aus dem Jahr 2008.

8) Locas in Love - Es ist alles wirklich so schlimm wie es scheint
Locas in Love gehören zu den meist unterschätzten Bands Deutschland. Ein gutes Album nach dem anderen liefern die Kölner ab, zuletzt vor zweieinhalb Jahren das liebevolle weihnachtliche Konzeptalbum 'Winter'. Auf dem neuesten Album 'Lemming' (VÖ: 01.07.) begehen Locas in Love nun zum Teil einige neue Pfade. Das Ergebnis ist zwar immer noch Deutschpop vom Feinsten, doch liefert das Album auch kleine Ausflüge in Gefilde, die man von Locas in Love noch gar nicht kennt (Noise, Shoegaze, Krautrock). 'Lemming' habe die besten Liebeslieder, die besten Protestsongs, alles so leicht und gewitzt, als wäre das kleines Einmaleins, schreibt Intro. "Dazu Zitate, die viel besser als nur Zitatpop funktionieren, nämlich auf der vollen Klaviatur der Emotionen von zart bis hart. Sagen wir es einfach: das beste unprätentiöse deutschsprachige Indie-Pop-Album seit vielen Jahren." Der Seitenhieb in Richtung von Ja, Panik sei der Intro an dieser Stelle übrigens verziehen.

9) Bon Iver - Perth
Das bis dato beste Folk-Album des Jahres stammt aus der Feder von Justin Vernon alias Bon Iver. Trotz der vielen (Chart-)Erfolge und unzähligen Lobeshymnen sind beim sensiblen Songwriter Vernon - dessen Debütalbum einst dem Liebes- und Lebenskummer entsprang (immer diese armen Songwriter-Geschöpfe, hehe) - die Selbstzweifel geblieben. "Mich plagt immer noch das Gefühl, es rolle mir eine riesige Lawine entgegen", gestand er dem Musikexpress. "Zeitweise war ich mir sicher, sie würde zum Stillstand kommen und mir wieder die dringend nötige Zeit zum Luftholen geben. Aber dann war [Hip-Hop-Superstar] Kanye [West] am Telefon, das Gayngs-Album schlug ein - deshalb hatte ich nie wirklich das Gefühl, dem Wahnsinn wirklich zu entkommen. Im Gegenteil: Es scheint noch schlimmer zu werden. Irgendwie gewöhnt man sich zu einem gewissen Grad dran, aber der Selbstzweifel wird wohl nie ganz verschwinden." Und kürzlich hat dann auch noch Altmeister Neil Young angerufen - der arme Justin :-D
Das neue Album mit dem Titel 'Bon Iver' ist am 17. Juni erschienen und war bereits beim letzten Gelben Tango zu hören. Dort findet ihr auch weitere Infos zu Bon Iver.

10) Shabazz Palaces - The kings's new clothes were made by his own hands
Sorry Casper (der - so ganz am Rande erwähnt, und R-E-S-P-E-C-T dafür - mit seinem Emo-Indie-Hip-Pop-Album 'XOXO' diese Woche auf Platz 1 der Album-Charts einsteigen wird): An Shabazz Palaces ging kein Weg vorbei. Hinter Shabazz Palaces steckt im Wesentlichen Ishmael "Butterfly" Butler aus Seattle. Aus Seattle kommt auch das Label, das Butlers neuestes Album 'Black Up' (VÖ: 01.07.) veröffentlicht hat: Sub Pop, eines der wichtigsten alternativen Labels der letzten zwanzig Jahre (Nirvana und viele andere wichtige Grunge-Bands, The Shins, Foals, The Postal Servive, Fleet Foxes, Wolf Parade - um mal eben ein paar wichtige "Acts" zu nennen). Das Bemerkenswerte daran: Shabazz Palaces ist die allererste Hip-Hop-Veröffentlichung auf 1986 gegründeten Sub Pop. Und deshalb, wie man sich fast denken kann, eine ganz Besondere. "Ein bemerkenswertes HipHop-Modell für die Gegenwart: abstrakt, experimentell, verschroben, düster - trotzdem jazzy, warm und sogar ein wenig eingängig", schreibt motor.de sehr treffend. Und auch die Umschreibung auf der Sub-Pop-Webseite weiß zu gefallen: Wenn Beduinen statt Ziegen Beats hüten würden und in Seattle statt im Atlasgebirge wohnten, wäre dies ihr Album. Na dann. Anspieltipps: 'Are you… can you … were you? (Felt)' und 'Swerve… The reeping of all that is worthwhile (noir not withstanding)' - was für Songtitel...

11) SBTRKT - Trials of the Past
Spätestens seit James Blake im Frühjahr sein Debütalbum veröffentlich hat, ist "Post-Dubstep" in aller Munde - nur dass die betroffenenen Künstler wie Blake, Mount Kimbie oder Jamie Woon diese Genrebezeichnung nicht allzu sehr schätzen. "Nennen wir es Patchworkmusik, die sich aus den unterschiedlichsten Quellen speist: Trip- und HipHop, Ambient, Plinkerplonker und Dubstep", schrieb Musikexpress-Redakteur Albert Koch deshalb trotzig. Diese Beschreibung passt auch zu SBTRKT, der sich, wenn man die Vokale hinzufügt, Subtractone ausspricht. Das Ende Juni erschienene unbetitelte Album klingt wie eine Mischung aus Blake und dem R'n'B-lastigeren Jamie Woon - nur mit dem Unterschied, dass SBTRKT nicht selbst singt, sondern einige Gastsänger am Start hat. "SBTRKT is ultimately a colorful and highly enjoyable future-pop record", resümiert Pitchfork.

12) Holy Other - Feel something
Erst vor etwa einem Jahr, ist auf ZEIT Online zu lesen, begann Holy Other - ein schüchterner Solokünstler, von dem einzig der Vorname bekannt ist - mit dem Musizieren. In dieser kurzen Zeit hinterließ der junge Mann namens David aus Manchester genügend Eindruck, um bei dem angesagten 'Tri Angle Records' unterzukommen. Im Juni folgte nun seine erste Veröffentlichung: Die Maxi-Single 'With U', auf der der Song 'Feel something' zu finden ist. "Schlafzimmer-Pop", so bezeichnet Holy Other seine Musik selbst - denn sehr oft entstehe diese dort, im Bett, während er in der Dunkelheit sitze.

13) Tu Fawning - Just too much
Der Konzerttipp: Tu Fawning spielen am kommenden Samstag 23. Juli im Cafe Glocksee.
Die vier Multiinstrumentalisten um Joe Haege (31 Knots, Menomena) und Corrina Repp "bieten auf ihrem ersten Album 'Hearts On Hold' afrikanisches Tribal-Drumming, metallene Gamelan-Orchester-Musik, gnatschiges Indie-Gitarrenspiel, psychedelische Orgelei und spirituellen Chorgesang. Zusammen wird daraus ein düsteres Klangexperiment, das mit der Zeit hypnotische Kräfte annimmt", schreibt motor.de
Auch der Support Jæ klingt vielversprechend: Hinter Jæ steckt die junge Holländerin Jessica Sligter. "Mit einer atemberaubenden schönen, intensiven Stimme, deren Folk-Noir, pre-War Blues und Klassik-Collagem ganz ähnlich berückend sind wie die Joanna Newsoms", schreibt der Newsletter der Glocksee.

14) WU LYF - Summa's Bliss
15) WU LYF - Cave Song
Zum Abschluss der Sendung das Album des Monats Juli beim Gelben Tango: 'Go tell Fire to the Mountain' von WU LYF, der World Unite! Lucifer Youth Foundation. Aufgenommen wurde das Album übrigens in einer leer stehenden Kirche in Manchester, was ZEIT Online zu der etwas reißerischen Schlagzeile "Luzifers Jugendstiftung rockt vorm Altar" veranlasste. Luzifer stehe jedoch nicht für den Teufel, sondern für das Konzept einer Alternative, erklären WU LYF, dessen Sänger Ellery Roberts stimmlich zwischen Tom Waits und dem Klang oraler Magenentleerung eines stark Alkoholsüchtigen schwanke, wie im aktuellen Musikexpress zu lesen ist. Das ergäbe mit mächtigen Kirchenorgeln, einem Hauch Oasis-Attitüde und den quirligen Gitarren (..) einen sehr eigenwilligen Sound. "Wir streben die emotionelle Intensität des Postrock an, wollen aber mit weniger Zeitverschwendung gleich zum Höhepunkt kommen", erklärt Bassist Tom McClung.

Nächste Sendung am Montag 1. August um 23 Uhr.

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