Donnerstag, 7. April 2011

PLAYLIST VOM 7. APRIL

1) Bibio - Anything new
Der englische Produzent Stephen Wilkinson ist zwar eigentlich Metalfan, veröffentlicht unter dem Pseudonym Bibio jedoch vollkommen andere Musik. Bibios Musik wird oft als "Folktronica" bezeicht, hat aber weitaus mehr zu bieten hat als nur Folk und Electronica. Vielmehr ist sie ein Schmelztiegel aus unglaublich vielen verschiedenen musikalischen Einflüssen. Sein Einstandsalbum bei Warp Records, "Ambivalence Avenue", war eines der großen Meisterwerke des Jahres 2009. Am 1. April erschien das Nachfolgewerk "Mind bokeh", von dem der Track "Anything new" stammt.

2) Toro Y Moi - Go with you
Ein Künstler, bei dem es durchaus Parallelen zu Bibio gibt, ist Chazwick Bundick alias Toro Y Moi. Seine Musik wird meist als "Chillwave" kategorisiert, eine Mischung aus New-Wave-Synthie-Pop und chilliger Psychedelia, oft mit Lo-Fi-Sound produziert. Doch ebenso wie Bibio lässt sich auch Toro Y Moi nicht eine Schublade stecken: Seine Musik ist mehr als Chillwave, sein am 11. März veröffentlichtes Zweitwerk "Underneath the Pine" hat starke Funk- und Disco-Einflüsse und bietet allerlei zum Entdecken. Ein tolles Kopfhöreralbum als Soundtrack zum Frühling.

3) The Pains of being pure at Heart - Strange
"Belong", das Nachfolgewerk des großartigen 2009er Debütalbums der Pains of being pure at Heart, enttäuscht nicht. Erneut verzaubern die vier New Yorker mit zuckersüßem "Twee Pop" und eingängigen Ohrwürmer wie dem Song "Heart in your Heartbreaks", der selbst nach dem x-ten Hördurchgang noch Spaß macht. Der Song "Strange", der an die irische Shoegazeband My bloody Valentine erinnert, bildet den krönenden Abschluss des Albums, das am 25. März herausgekommen ist.

4) The Cure - 2 Late
Die Lieblingsband des Gelben Tango: The Cure. Der Song "2 Late" entstand 1989 im Zuge der Aufnahmen von Disintegration. Das achte Studioalbum der Band um Robert Smith wurde mit Hits wie "Lullaby", "Fascination Street", "Lovesong" und "Pictures of you" zur bestverkauften The-Cure-Platte, obwohl die Plattenfirma ob des düsteren Sounds "kommerziellen Selbstmord" - sprich: einen Riesenflop - erwartet hatte. Dass der wunderbare Song "2 Late" keinen Platz auf dem Album fand, sondern eine B-Seite vom Lovesong wurde, erklärt Robert Smith so: "I was so sure it would be a single, but very early on in the recording sessions 'Disintegration' took on a life of its own, and '2 Late' just never seemed to fit in."

5) Papercuts - Charades
"Teen Dream" vom Dreampop-Duo Beach House aus Baltimore gehörte zu den Alben des Jahres 2010 des Gelben Tango. Bands, die den wunderbar-verträumten Sound von Beach House aufgreifen wollten, gab es seitdem so einige, doch kaum einer gelingt das so gut wie den Papercuts aus San Francisco, deren neues Album "Fading Parade" am 4. März bei Sub Pop erschienen ist. "Zehn watteweiche Dreampop-Songs über die Zwischenmenschlichkeit", schwärmt Intro. "Manche mögen dies alles als nichtssagend, gar beliebig abtun. Uns verliebten Träumern kann das aber egal sein, wir bedanken uns vielmehr für eine große Platte voller Gefühl, die uns sicher durchs Jahr begleiten wird." So ist es.

6) The Luyas - I need mirrors
Verschrobener Indie-Pop aus Kanada, woher auch sonst!? Unterstützung bekommen The Luyas, die wie Arcade Fire aus der Musikmetropole Montreal kommen, auf ihrem zweiten Album (VÖ 25.02.) von Owen Pallett und Sarah Neufeld. Der fantastische Owen Pallett schrieb für das Album alle Arrangements und begleitet sechs der zehn Songs mit seiner Geige. Neufeld, die bei Arcade Fire Violinistin ist, spielt bei dem Titeltrack "Too beautiful to work" mit.

7) Home Video - You will know what to do
In der Rezension des neuen Radiohead-Albums stellt der Musikexpress fest, dass dieses "Zwitterwesen aus mikroelektronischen Bestandteilen und Songs" namens Radiohead erstaunlicherweise kein Opfer von "Epigonen- und Kopistentum" geworden sei. Tja, wie steht's nun mit Home Video, jener Zwei-Mann-Band aus Brooklyn, die seine ersten Gehversuche bei Warp Records machte und deren Songs laut wikipedia schon in US-Serien wie "O.C., California", "Private Practice", "Grey's Anatomy", "Gossip Girl" und "CSI" liefen?!
Radiohead-Abklatsch?! Oder hat hier, wie plattentests erörtert, eine Band den Paradigmenwechsel von "OK Computer" zu "Kid A" sorgfältig herausgearbeitet!? Dass Collin Ruffino wie der unbekannte Zwillingsbruder von Thom Yorke klingt, hat plattentests nicht davon abgehalten, das neue Album "The automatic process" (VÖ 04.03.) mit neun von zehn Punkten zu bewerten. Was denkt ihr!?

8) Yuck - Suicide Policeman
Das Album des Monats März beim Gelben Tango. Die Band aus London ist multinational: Bei einem Besuch in seiner Heimat Israel lernte Sänger Daniel Blumberg den aus New Jersey stammenden Schlagzeuger Johnny Rogoff kennen, der in Israel ein Jahr als Kibbutz-Volontär verbrachte. Bassistin Mariko Doi kommt aus Hiroshima. Yuck spielten bereits als Support von Dinosaur Jr. und Teenage Fanclub - und klingen auch so. Das unbetitelte Debütalbum erscheint in Deutschland am 22. April.

9) Norman Palm - In the city
Konzerttipp #1: Norman Palm am morgigen 8. April im Café Glocksee.
"Singer-Songwriter-Rave-Pop", natürlich mit Gitarre, aber auch viel stimmungsvoller Elektronik. Mit Coverversionen von "Girls just wanna have fun" und "Boys don't cry" machte der gebürtige Meppener und Wahl-Berliner vor vier Jahren erstmals auf sich aufmerksam. Mittlerweile steht er bei dem großartigen Indie-Label City Slang unter Vertrag und hat dort letztes Jahr sein zweites Album "Shore to shore" veröffentlicht. Seine Songs handeln oft von seiner Fernbeziehung nach Mexiko-Stadt. Der Song "In the city" stammt von dem 2008 erschienenen Debütwerk "Songs".

10) The Ex & Tortoise - The Lawn of the Limp
Konzerttipp #2: The Ex spielen nächste Woche Freitag, 15. April, in Indiego Glocksee.
Über The Ex, die laut plattentests für das musikalische Ansehen der Niederlande in etwa so wichtig sind wie Kraftwerk oder The Notwist für das deutsche, wurde in der Sendung bereits einiges erzählt. Also nächste Woche ab in die Glocksee, schon alleine um sich ein lebendiges Stück Musikgeschichte anzuschauen...
Tortoise, mit denen The Ex 1998 ein gemeinsames Album aufnahmen, sind eine Postrock-Band aus Chicago. Falsch: Die UR-Postrock-Band und das Aushängeschild des New Yorker Indie-Labels Thrill Jockey. Tortoise gingen mit ihrem experimentellen Postrock - ihrer sehr eigenen Mischung aus Krautrock, minimalistischer Electronica und Jazz -  schon immer ungewöhnliche Wege. Und genau das verbindet Tortoise mit The Ex.

11) Ghostpoet - Liiines (Demo Version)
Experimenteller Hip Hop, der ohne die die üblichen billigen Rap-Klischees auskommt. Der aus Nigeria stammende und in London ansässige Obaro Ejimiwe alias Ghostpoet liefert mit "Peanut Butter Blues and Melancholy Jam" ein erstaunlich reifes Debütalbum (VÖ: 25.02.). Irgendwo zwischen The Roots, Flying Lotus, Tricky/Massive Attack, The Streets, Nicolas Jaar und Gonjasufi. Selbst Hip-Hop-Muffel sollten hier mal reinhören...

12) J Mascis - Is it done
Dass J Mascis, Mastermind der Indie-Schrammelrock-Helden Dinosaur Jr., auch die ruhigen Töne beherrscht, beweist er auf "Several shades of why" (VÖ: 18.03.). Ein großartiges Singer-Songwriter-Album, dessen karge Soundlandschaften an Nick Drake erinnern. Prominente, auf dem Album allerdings nur sehr dezent anklingende Unterstützung bekam Mascis von Ben Bridwell (Band of Horses), Kevin Drew (Broken Social Scene), Sophie Trudeau (Godspeed You! Black Emperor) und Kurt Vile, dessen neues Album am 17. März beim Gelben Tango zu hören war.

13) Dinosaur Jr - I don't wanna go there
In einer Hardcore-Punk-Band spielten J Mascis (der sich übrigens 'mass-kiss ausspricht) und Lou Barlow, bevor sie 1984 Dinosaur gründeten. Erst 1987 hängten sie das "Jr." an den Bandnamen - gezwungenermaßen, da "The Dinosaurs" ihre Namensrechte verletzt sahen und gegen Mascis und Barlow geklagt hatten. Zu diesem Zeitpunkt waren Dinosaur Jr. als Tour-Support von Sonic Youth bereits einem größeren Publikum bekannt geworden und in aller Munde, äh Ohren. Mit ihrem charakteristischen Mix aus Garage, Punk, Grunge und Noise, aber auch eingänigen Melodien wurden Dinosaur Jr. zu Indie-Legenden. "I don't wanna go there" stammt aus dem 2009er Album "Farm", über das der Rolling Stone schrieb: "The glorious noise every garage band dreams of making." Jau. 

14) Codes in the Clouds - Cold calls
Auf dem tollen Label "Erased Tapes", bei dem u.a. auch Nils Frahm und Ólafur Arnalds unter Vertrag stehen, wurde Anfang 2011 das zweite Album der britischen Postrocker Codes in the Clouds veröffentlicht. Gemastert wurde "As the Spirit wanes" von Nils Frahm und herausgekommen ist ein wunderschönes Postrock-Album, das stark erinnert an Explosions in the Sky, die ihrerseits im April ein weiteres Album herausbringen. Zu hören bald beim Gelben Tango.

15) Toro Y Moi - Divina
Als kleines unangekündigtes Outro»indie»Nacht - um die 60-minütige Sendezeit auch komplett auszunutzen - ein weiterer Song vom neuen Toro-Y-Moi-Album.

Hintergrundmusik: 
Nils Frahm & Anne Müller - diverse Tracks vom Album "7fingers", das am 11. März auf "Erased Tapes" erschienen ist.

Nächste Sendung am 21. April um 23 Uhr.

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